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Bei Arbeitgeberwechsel: Ohne Urlaubsbescheinigung kein Urlaub!

Februar 2018 · Lesedauer: Min

Ein Überblick über die Rechtlage und Tipps für die Praxis

Arbeitnehmer sind bei einem Arbeitgeberwechsel verpflichtet, dem neuen Arbeitgeber eine Bescheinigung des früheren Arbeitgebers über den im laufenden Kalenderjahr bereits gewährten Urlaub vorzulegen. Andernfalls darf der Arbeitgeber die Gewährung von Urlaub verweigern:

Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel im laufenden Kalenderjahr
Beginnt das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters in der ersten Jahreshälfte des Kalenderjahres (= Urlaubsjahres), d.h. vor dem 1. Juli, erwirbt der Mitarbeiter - nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit - in diesem Jahr nicht nur einen anteiligen, sondern den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Bei einem Eintritt nach dem 30.06. entsteht lediglich ein Teilanspruch in Höhe von 1/12tel des gesetzlichen Jahresurlaubes für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Gemäß § 6 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ist der Urlaubsanspruch beim neuen Arbeitgeber allerdings um die Urlaubstage zu kürzen, die dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von seinem früheren Arbeitgeber gewährt wurden.

Gewährung des Urlaubsanspruches nur bei Vorlage einer Urlaubsbescheinigung
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist der neue Arbeitgeber sogar berechtigt, die Urlaubsgewährung so lange zu verweigern, bis der Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den für das laufende Kalenderjahr bereits von seinem bisherigen Arbeitgeber gewährten oder abgegoltenen Urlaub vorgelegt hat (vgl. BAG v. 16.12.2014, 9 AZR 295/13). Streiten Arbeitnehmer und Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Prozess um das Bestehen eines Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsanspruches, muss sich der Arbeitgeber nach Auffassung des BAG nicht aktiv darauf berufen, dass der frühere Arbeitgeber des Mitarbeiters bereits Urlaubstage für das entsprechende Kalenderjahr gewährt/abgegolten habe. Vielmehr trägt der Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der von ihm begehrte Urlaub noch nicht bereits gewährt bzw. abgegolten wurde. Da der frühere Arbeitgeber gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsbescheinigung zu erteilen, ist es laut BAG für den Arbeitnehmer ein Leichtes, im Streitfall noch offene Urlaubsansprüche zu beweisen.

Praxishinweis:
Nur wenige Arbeitgeber verlangen bei Neueinstellungen im laufenden Kalenderjahr eine Urlaubsbescheinigung des vorherigen Arbeitgebers – und gewähren damit in vielen Fällen „doppelt“ Urlaub. Das Einfordern einer entsprechenden Urlaubsbescheinigung spart im Regelfall bares Geld: Gerade in Fällen, in denen der Mitarbeiter am Ende der ersten Jahreshälfte eingestellt wird, kann der (ungekürzt entstehende) Urlaubsanspruch in den meisten Fällen deutlich reduziert werden, da der vorherige Arbeitgeber in der Regel einen erheblichen Teil des Anspruches bereits in Natura gewährt oder abgegolten hat. Da der Arbeitgeber der Urlaubsbescheinigung nach Auffassung des BAG nicht „hinterherlaufen“ muss, ist es überlegenswert, neu eingestellte Arbeitnehmer bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses (oder spätestens bei Eingang des ersten Urlaubsantrages) darauf hinzuweisen, dass sie erst nach Vorlage einer Urlaubsbescheinigung des Vor-Arbeitgebers Anspruch auf Urlaub haben – um die bereits gewährten oder abgegoltenen Tage vom Jahres-Urlaubsanspruch abzuziehen.

Dieser Beitrag ist Teil der #EFARBlogparade #Urlaubsrecht des Expertenforum Arbeitsrecht.

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