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Mein Haus, mein Kind, (bald nicht mehr) mein Dienstwagen?

Dezember 2023 · Lesedauer: Min

Warum Sie bei der Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung den Pfändungsfreibetrag berücksichtigen sollten

Vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist nicht bekannt, dass die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung als Sachbezug auch bei der Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts eine Rolle spielen kann. Wenn man sich Beispiele aus der Praxis vor Augen führt, wird deutlich, dass dies (sehr) schnell relevant werden kann.

Worum geht es?

Die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung ist regelmäßig ein Sachbezug, der Teil der Arbeitsvergütung ist. Der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung – und damit der Wert des Sachbezugs – beträgt 1% des Bruttolistenpreises des Dienstwagens.

Der Wert der Sachbezüge darf gemäß § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Die Bestimmung des pfändbaren Einkommens richtet sich nach den §§ 850 Abs. 1, 850c, 850e ZPO. Ein Grundbetrag vom Nettoeinkommen von derzeit EUR 1.178,59 monatlich ist in jedem Fall unpfändbar. Dieser Betrag kann sich insbesondere auf Grund von gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen des Arbeitnehmers erhöhen. Die vom Bundesministerium der Justiz veröffentlichten Pfändungsfreigrenzen finden Sie in Tabellenform aufbereitet hier.

Folgen bei Verstoß gegen § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO

Liegt der Wert des Sachbezugs oberhalb des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens, ist die gesamte Vereinbarung über die Gewährung eines Dienstwagens gemäß § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO (rückwirkend) unwirksam. Da § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO ein Verbotsgesetz darstellt, ist eine Vereinbarung, einen Teil des Arbeitsentgelts durch Sachbezug zu tilgen, nichtig und bereits geleistete Sachbezüge haben keine Erfüllungswirkung (BAG, Urteil vom 31.05.2023 – 5 ZAR 273/22). Als Folge hiervon muss der Arbeitnehmer den Dienstwagen zurückgeben. Im Gegenzug erhält er einen Anspruch, dass der Wert des Sachbezugs nachvergütet wird, d.h. der Arbeitgeber ist zu entsprechenden Nachzahlungen für den gesamten Zeitraum der Überlassung des Dienstwagens verpflichtet.

Der Arbeitgeber ist zwar berechtigt, diesem Anspruch des Arbeitnehmers den Wert der im o.g. Zeitraum gezogenen Nutzungen entgegenzuhalten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitnehmer sich jedoch auf die sog. Entreicherung berufen (§ 818 Abs. 3 BGB). Diese finanziellen Risiken machen es für Arbeitgeber zwingend erforderlich bei der Gewährung eines Dienstwagens zu überprüfen, ob der Wert des Sachbezuges die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts übersteigt.

Auf die Unterhaltspflichten kommt es an (!)

Hat ein Arbeitnehmer beispielweise ein Nettoeinkommen von EUR 2.300,- im Monat und ist einem Kind zum Unterhalt verpflichtet, beträgt das pfändbare Einkommen des Arbeitnehmers EUR 184,98 netto. Wird ihm ein Dienstwagen mit einem Bruttolistenpreis von EUR 50.000,- zur Privatnutzung überlassen, beträgt der Sachbezug EUR 500,- pro Monat. Damit liegt der Sachbezug oberhalb des pfändbaren Teils des Einkommens und die Dienstwagenüberlassungsvereinbarung ist unwirksam.

Bruttoeinkommen zwischen EUR 4.000,- und EUR 6.000,- ›besonders gefährdet‹ 

Bei Arbeitnehmern, die zwischen EUR 4.000,- und EUR 6.000,- brutto im Monat verdienen, verheiratet und gegenüber mehr als einem Kind unterhaltsverpflichtet sind, ist bei Überlassung eines Dienstwagens mit einem Bruttolistenpreis von mehr als EUR 40.000,- der pfändbare Teil des Nettoeinkommens schnell überschritten. Bei diesen Arbeitnehmergruppen besteht das Risiko, dass die Dienstwagenüberlassungsvereinbarungen unwirksam sind. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, die Überlassungsvereinbarungen regelmäßig zu überprüfen. Wir empfehlen zudem, Arbeitnehmer zu verpflichten, (veränderte) Unterhaltsverpflichtungen (z.B. geborene Kinder, angenommene Kinder, Heirat o.ä.) mitzuteilen, um rechtzeitig prüfen zu können, ob eine Dienstwagenüberlassungsvereinbarung nachträglich unwirksam wird.  Entsprechende Informationen sollten Arbeitgeber mindestens einmal im Jahr bei den Arbeitnehmern nachhalten resp. sich bestehende Unterhaltspflichten vom Arbeitnehmer verifizieren lassen.

 Die Ausschlussklausel als Rettungsanker?

Ausschlussklauseln können das finanzielle Risiko (zeitlich) begrenzen. Sind diese Klauseln jedoch unwirksam, bleibt der Arbeitgeber als Verwender an die Klausel gebunden, wohingegen sich der Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit berufen kann. Dann greift für Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber nur die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist.

Empfehlung für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten sich daher Folgendes merken: Je teurer der Dienstwagen und je mehr Unterhaltsverpflichtungen der Arbeitnehmer hat, umso größer ist das Risiko, dass eine Dienstwagenüberlassungsvereinbarung unwirksam ist. Wir empfehlen daher, bestehende Dienstwagenüberlassungsvereinbarungen insbesondere vor dem Hintergrund o.g. Risiken zu überprüfen.

Wir beraten Sie

Bei Neuabschluss von Dienstwagenüberlassungsvereinbarungen sollten diese Risiken möglichst ausgeschlossen werden. Wir beraten Sie hierbei – wie gewohnt – jederzeit gern.
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